diabetzes-world.net:Qualitätssicherung in der Pädiatrischen Diabetologie

14.07.2005, 13 Uhr - www.diabetes-world.net


(press1) - News von http://www.diabetes-world.net
Von Prof. Dr. med. Thomas Danne
Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Pädiatrischen Diabetologie werden vorgeschlagen?
Eine qualifizierte pädiatrische Diabetesbetreuung umfasst zum einen die Bemühung um eine möglichst gute Langzeitstoffwechsellage, zum anderen eine Unterstützung des Patienten und seiner Familie bei psychosozialen Problemen. Deshalb ist ein multidisziplinäres Team notwendig, das gemeinsam mit dem Patienten und seiner Familie die Therapiekonzeption entwickelt. Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind eine unabdingbare Voraussetzung, um die Versorgung in allen Bereichen der Medizin zu verbessern. Im folgenden werden die empfohlenen Qualitätssicherungsmaßnahmen in der pädiatrischen Diabetologie in Deutschland ausgeführt.

Empfehlungen für institutionelle und personelle Voraussetzungen
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie haben folgende Empfehlungen für institutionelle und personelle Voraussetzungen (Strukturqualität) erarbeitet (AGPD http://www.diabetes-kinder.de) :

Die Langzeitbetreuung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes ist personell aufwändig, optimale Ergebnisse setzen voraus, dass das Betreuungsteam über die notwendige Erfahrung verfügt. Um die altersentsprechenden Besonderheiten, insbesondere auch während der Pubertät, zu berücksichtigen, sollten Kinder und Jugendliche mit Diabetes von Kinderärzten betreut werden und stationäre Behandlungen in geeigneten Kinderkliniken erfolgen. Dies erstreckt sich sowohl auf die stationäre Therapie bei Manifestation als auch auf die notwendigen ambulanten und eventuell stationären Kontrollen im späteren Verlauf der Erkrankung.

Folgende Voraussetzungen sind für die Qualität der Versorgung relevant (Strukturqualität). In ihrer Summe entsprechen sie dem heute wünschenswerten Standard in der pädiatrischen Diabetologie. Die Kostenträger sind aufgefordert, die finanziellen Rahmenbedingungen für eine integrierte Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus sicherzustellen. Eine umfassende Betreuung setzt ein Team aus Diabetesberaterin (möglichst DDG), Ernährungsberaterin, Kinderpsychologe, evtl. Sozialarbeiter und Kinderarzt voraus. Alle Beteiligten sollten über Erfahrung in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes verfügen. Es ist wünschenswert, dass dieses Team Patienten sowohl stationär als auch ambulant betreut. Das Behandlungsteam sollte Erfahrung in der Anwendung moderner Therapiemaßnahmen (freie Insulinmischung, Insulin-Pen, variable Insulinanpassung, Insulinpumpe, Blutzuckerselbstkontrolle etc.) haben und diese allen geeigneten Patienten zugänglich machen.

Bei akuten Problemen im medizinischen, psychischen oder sozialen Bereich muss eine kurzfristige Intervention gewährleistet sein. Ein in der pädiatrischen Diabetologie erfahrener Arzt sollte ständig erreichbar sein. Die Betreuung muss regelmäßige Kontrolluntersuchungen einschließen. Werden diese Untersuchungen teilweise von niedergelassenen Ärzten und teilweise an einer Klinikambulanz durchgeführt, so muss gewährleistet werden, dass alle in der Betreuung mitwirkenden Ärzte sowohl über die erhobenen Untersuchungsergebnisse als auch über die geplanten Therapiemaßnahmen unterrichtet werden. Eine enge Kooperation zwischen niedergelassenem Bereich und Zentrum setzt regelmäßige Treffen und gemeinsame Weiterbildung über aktuelle Behandlungsstrategien voraus.

Intensive Schulung ist Grundlage
Eine intensive Schulung von Patienten und Eltern ist die Grundlage für eine eigenverantwortliche Diabetestherapie. Schulungsaktivitäten müssen speziell auf die Diabetesbehandlung bei Kindern und Jugendlichen zugeschnitten werden, wobei die altersentsprechenden Möglichkeiten berücksichtigt werden müssen. Schulungsinhalte und schriftliche Schulungsmaterialien müssen für die jeweilige Altersgruppe geeignet sein. Schulungen müssen bei Änderungen der Therapiekonzeption oder bei erkennbaren Wissensdefiziten wiederholt werden. Ein geeigneter Schulungsraum muss vorhanden sein, die Schulungsmaßnahmen müssen evaluiert werden.

Besondere Hilfsangebote
Besondere Hilfsangebote sind für Familien in schwierigen Situationen notwendig. Diese sollten in Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendpsychologen, Sozialarbeiter, Kinderarzt und den jeweils zuständigen öffentlichen Behörden erfolgen. Alle Familien sollen auf die Angebote der Patientenorganisationen aufmerksam gemacht werden.

Regelmäßige Fortbildung
Eine regelmäßige Fortbildung auf dem Gebiet des kindlichen Diabetes ist für alle Mitarbeiter im Diabetesteam notwendig. Die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie hat die Aufgabe, unter anderem im Rahmen der jährlichen Arbeitstreffen, eine ausgewogene Fortbildung auf hohem Niveau sicherzustellen. Darüber hinaus sollten Fortbildungsveranstaltungen organisiert werden, die sich an das ganze Diabetes-Behandlungsteam wenden und einen Erfahrungsaustausch in kleinen Gruppen ermöglichen.

Wissenschaftliche Aktivitäten mit dem Ziel einer Verbesserung der Diabetestherapie im Sinne der obigen Ziele sind zu unterstützen. Hier kann eine Koordination durch die Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Diabetologie übernommen werden. Betroffene Familien sollten über die Möglichkeit für Screeninguntersuchungen bezüglich des zukünftigen Auftretens von Diabetes bei bisher stoffwechselgesunden Geschwistern und Eltern informiert werden. Auf aktuelle Studien mit dem Ziel einer Diabetesprävention ist hinzuweisen.

Wohnortnahe Betreuung anstreben
Eine wohnortnahe Betreuung der Patienten ist wünschenswert. Nur ein regelmäßiger Kontakt zum Behandlungsteam kann ein optimales Langzeitergebnis sicherstellen. Dieses Ziel steht im Konflikt mit der Tatsache, dass eine größere Patientengruppe an einem Zentrum betreut werden muss, damit das Behandlungsteam ausreichend Erfahrung mit der Diabetestherapie bei Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Altersgruppen gewinnt. Auch der notwendige Personalbedarf (Arzt, Diabetesberaterin, Ernährungsberaterin, Psychologe/in, Sozialarbeiter) ist wirtschaftlich erst ab einer gewissen Größe des Zentrums zu rechtfertigen. Die optimale Anzahl der in einem Zentrum für pädiatrische Diabetologie betreuten Patienten muss deshalb regionale Gegebenheiten berücksichtigen.

Welche Parameter zur Kontrolle der Diabetestherapie (Prozessqualität) sollen bei der Betreuung von Kindern mit Diabetes erhoben werden?
Jedes Zentrum, welches sich an der langfristigen Betreuung von Kindern und Jugendlichen beteiligt, ist aufgerufen, die Therapie zu optimieren und die hierfür wichtigen Parameter regelmäßig zu dokumentieren. Auch wenn Messwerte jeweils nur Teilaspekte einer guten Diabetesbetreuung abbilden, ist doch eine objektive statistische Auswertung der eigenen Ergebnisse sowie ein Vergleich der Qualitätsindikatoren mit anderen Zentren die Voraussetzung dafür, Defizite zu erkennen und die Therapie zu verbessern. Die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie wird den Aufbau regionaler Qualitätszirkel fördern. Dabei wird von insgesamt über 100 pädiatrischen Diabetes-Ambulanzen deutschlandweit das Programm "dpv" der Universität Ulm verwand (http://dpv.mathematik.uni-ulm.de/dpvklin.html).

Eine Dokumentation sollte mindestens folgende Parameter umfassen:

  • Häufigkeit und Dauer von stationären Aufenthalten
  • Häufigkeit ambulanter Vorstellungstermine
  • Therapiemodalität (die Intensität der Therapie kann am objektivsten anhand der Anzahl der täglichen Insulininjektionen beurteilt werden)
  • Durchführung von Stoffwechsel-Selbstkontrollen
  • Durchführung von Schulungsmaßnahmen
  • Vollständigkeit medizinisch notwendiger Kontrolluntersuchungen
  • Kontrazeptive Beratung sowie Information über präkonzeptionelle Stoffwechseleinstellung, Diabetesführung während der Schwangerschaft und Fehlbildungs-/Diabetesrisiko des Kindes.

Welche Parameter zur Kontrolle der Ergebnisqualität bei Kindern mit Diabetes werden empfohlen?

Jedes Zentrum ist aufgerufen, die Ergebnisse der langfristigen Patientenbetreuung zu dokumentieren. Bei den Schlussfolgerungen, die aus dem Vergleich der Ergebnisse gezogen werden, müssen Unterschiede der betreuten Patientengruppe (Alter, Diabetesdauer, soziale Randgruppen etc.) mit berücksichtigt werden. Die Arbeitsgemeinschaft pädiatrische Diabetologie erstellt Empfehlungen für eine standardisierte und damit vergleichbare Dokumentation. Der verwendete Datensatz muss die für die Kinderdiabetologie relevanten Qualitätsindikatoren abdecken.

Folgende Parameter werden für eine vergleichende Auswertung empfohlen. Objektiv erfassbare Messwerte werden dabei bevorzugt.
  • Häufigkeit schwerer Hypoglykämien
  • Häufigkeit von ketoazidotischen Entgleisungen
  • Längenwachstum und Gewichtsverlauf, Häufigkeit des Übergewichtes
  • Stoffwechseleinstellung
  • Hyperlipidämie
  • Hypertension


Literaturliste unter http://www.diabetes-world.net/de/33934


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