Diabetes-World: Diabetiker im Ramadan - Ist Fasten möglich?

22.10.2004, 18 Uhr - www.diabetes-world.net


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(press1) - Fasten ist ein freiwilliger Nahrungsverzicht und heute sowohl aus medizinischer (Heilfasten) als auch aus religiöser Sicht weit verbreitet. In einigen Kulturen gehört das Fasten zum normalen Jahresrhythmus, so auch der Fastenmonat Ramadan, der in diesem Jahr am 16. Oktober begonnen hat. Sie sehen das Fasten als Reinigung des Körpers und der Seele an. Es stellt eine Möglichkeit dar, näher zu Gott und zu sich selbst zu gelangen. Menschen mit Diabetes sind als chronisch Kranke vom Ramadan befreit. Ihnen werden andere Möglichkeiten eröffnet, ihren Glauben auszuleben.
Der Fastenmonat Ramadan wird von Moslems jedes Jahr während des neunten Monat des Mondkalenders eingehalten. In dieser Zeit besitzt eine allgemeine Regel des Propheten Muhammad besondere Gültigkeit: " Der Magen soll mit einem Drittel Essen, einem Drittel Flüssigkeit und einem Drittel 'Leere‘ gefüllt sein." Konkret wird im Fastenmonat tagsüber auf Nahrung, Flüssigkeit, sexuelle Aktivitäten sowie Tabak verzichtet. Das Wort Ramadan beschreibt die körperliche Entsagung, die damit einhergeht: Es kommt ursprünglich von den arabischen Worten ramida und arramad ("brennende Hitze und Trockenheit") bzw. davon abgeleitet von ramdaa, was "sonnengebrannter Sand" bedeutet. Es beschreibt das brennende Gefühl im Magen, welches der Durst mit sich bringt.

Der Mondkalender bestimmt die Fastenzeit
Der Ramadan gehört zur religiösen Tradition der Gläubigen des Islams. Der Koran schreibt vor, in dieser Zeit beginnend mit dem Sonnenaufgang und endend mit dem Sonnenuntergang auf Nahrungs- und Genussmittel zu verzichten. Dazu gehört auch der Verzicht auf Flüssigkeitszufuhr, der gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen nicht unproblematisch ist. Außerdem werden Gottesdienste, Gebete und das Lesen des Korans intensiver durchgeführt.

Der Ramadan ist streng an den Mondkalender (354 Tage) gebunden. Nach den Mondphasen hat das Jahr zwar auch zwölf Monate, doch der Beginn des Monats wird durch das Sichtbarwerden der Mondsichel nach Neumond bestimmt. Wetterbedingt ist die Mondbeobachtung nicht immer exakt möglich und so können manche Monate überdurchschnittlich lang andauern. Aus diesem Grund verschieben sich die Monate regelmäßig. Auch der Fastenmonat Ramadan durchschreitet so allmählich das ganze Jahr. Er wird, unabhängig vom Sichtbarwerden der Mondsichel, nach spätestens 30 Tagen beendet. Fastentage, die in die Sommermonate fallen, sind auf Grund der Länge der Tage und der heißen Temperaturen schwerer für die Gläubigen zu ertragen.

Akut und chronisch Erkrankte haben Alternativen
Da der Ramadan zwar einen Dienst an Gott darstellt, die Gläubigen jedoch nicht in gesundheitliche Gefahren bringen soll, gibt es beispielsweise für Kranke, Altersschwache, Schwangere, stillende Mütter, menstruierende Frauen und ähnliche Personengruppen Ausnahmen.

Liegen vorübergehende gesundheitliche Einschränkungen, wie akute Erkrankungen oder Schwangerschaft vor, müssen die versäumten Fastentage zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Haben die Gläubigen hingegen chronische Erkrankungen, die das Fasten zu einer Gesundheitsgefährdung werden lassen, sind sie von der Durchführung des Ramadans befreit. Hierzu zählen beispielsweise Menschen mit Diabetes, die auch tagsüber auf regelmäßige Mahlzeiten und/oder regelmäßige Medikamenteneinnahmen angewiesen sind, sowie Patienten mit Nierenerkrankungen, die nicht über einen längeren Zeitraum auf Flüssigkeit verzichten können.

Ist in diesen Fällen keine zukünftige Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten, können die Betroffenen auf das Fasten verzichten. Sie sollen allerdings für jeden im Ramadan versäumten Fastentag einen Bedürftigen speisen (die so genannte Fidya), beispielsweise in Form einer Spende für Arme in Höhe einer Tagesration. In Deutschland lebende Moslems haben alternativ die Möglichkeit, sich an örtliche Moscheen zu wenden und an Bedürftige einen Geldbetrag zu spenden.

Hungerstoffwechsel ist ungünstig für Diabetes-Patienten
Wenn dem Körper die Nahrung fehlt, deckt er seinen Energiebedarf nicht mehr aus der sonst zugeführten Glukose, sondern vorrangig aus Körperfett- und Eiweißdepots. Der Stoffwechsel stellt auf den so genannten "Hungerstoffwechsel" um, der einige charakteristische Abweichungen mit sich bringt: Die Leber wandelt körpereigenes Eiweiß in Glukose um, um Organe, die auf diesen Energielieferanten angewiesen sind, zu versorgen. Dieser Weg der Bereitstellung von Glukose ist jedoch begrenzt. Gehen die Vorräte zur Neige, kann der Organismus auf die nächste Form der Energiebereitstellung, das Fettdepot, übergehen. Da das Gehirn aber Fette nicht als Energiequelle nutzen kann, müssen die Fettsäuren in so genannte "Ketonkörper" umgebaut werden. Durch den Ketonkörper Aceton entsteht der typische Atemgeruch der Fastenden. Insgesamt wird der Energieverbrauch des Körpers während der Fastenzeit reduziert.

Für insulinabhängige Diabetes-Patienten ist diese Umstellung des Stoffwechsels besonders ungünstig.
Für diejenigen, bei denen die gesundheitlichen Voraussetzungen (körperliche Fitness) für das Fasten erfüllt sind, dürfte die fehlende Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme keine gesundheitlichen Schäden mit sich bringen. Sinnvoll ist es allerdings, den Nahrungsverzicht des Tages nur mit leichten Mahlzeiten am Abend wieder auszugleichen.

Heilfasten kann sinnvoll sein
Nicht zu verwechseln mit dem Ramadan ist das Heilfasten, das bestimmte Diabetes-Patienten in Erwägung ziehen sollten. Während Menschen mit insulinabhängigem Diabetes auf keinen Fall fasten sollten, kann ein Heilfasten bzw. die Reduktion des Körpergewichtes bei übergewichtigen Patienten mit Typ 2-Diabetes durchaus gesundheitsfördernd sein.

Einige Speisen und Getränke, wie Wein, Schweinefleisch oder Blut, gelten für Moslems als unrein und werden - unabhängig vom Ramadan - gar nicht verzehrt. Diabetes-Patienten mit islamischen Glauben ist es daher untersagt, Schweine-Insulin zu benutzen.

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Autor: BSMO


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