Individuelles Behandlungsziel ermöglicht Schmerztherapie ohne Umwege

29.09.2005, 16 Uhr - Dorothea Küsters Life Science Communications


(press1) - Initiative Schmerz messen startet neue Kampagne / Studie mit neuen Zielerreichungskriterien belegt: Vorteile für Opioid-Patienten / Patient und Arzt gemeinsam zum Therapieerfolg
Hamburg, München, 27./28. September 2005 (dk) - "Wann ist eine Schmerztherapie erfolgreich?" Diese Frage stellte Dr. med. Gerhard Müller Schwefe eingangs einer Pressekonferenz der Initiative Schmerz messen in München und Hamburg. Und der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie beantwortete sie sogleich: "Wenn sie dazu führt, dass der Alltag der Patienten nicht mehr durch Schmerz bestimmt wird, sondern durch Lebensfreude und Aktivität, kurz: Wenn die Therapie die Lebensqualität spürbar verbessert." Da Schmerzen jedoch eine subjektive Wahrnehmung sind, sei es besonders wichtig, dass betroffene Menschen selbst das Maß an Linderung bestimmen, bei dem sie wieder Lebensqualität verspüren. Nach einem neuartigen Therapiekonzept der Initiative Schmerz messen wird dieses Individuelle Behandlungsziel (IBZ) in den Mittelpunkt gestellt. Müller-Schwefe erklärt: "Das IBZ wird mit der Schmerzskala definiert und im Sinne einer gemeinsamen Therapievereinbarung zwischen Arzt und Patient dokumentiert."

Jeder Patient, der seine persönliche Schmerzsituation transparent macht, unterstützt seinen Arzt bei der Auswahl der richtigen medikamentösen Schmerztherapie. "Dies bestätigen auch die Ergebnisse einer neuen wissenschaftlichen Untersuchung, die erstmals das Individuelle Behandlungsziel der Patienten berücksichtigt", erklärt Müller-Schwefe. Untersucht wurden Patienten mit starken chronischen Rückenschmerzen: Durch Gabe eines starken retardierten Opioids (Oxycodon) wurde das Individuelle Behandlungsziel häufiger erreicht, als mit Nicht- oder schwach wirksamen Opioiden bzw. auch anderen starken Opioiden. "Bei einer Schmerztherapie, die ohne Umwege die Lebensqualität verbessert, kommt es also entscheidend darauf an, das IBZ abzustecken und eine zielgerechte Medikation auszuwählen", so Müller-Schwefe.

Kurzfassung (35 Zeilen à 50 Anschläge)
"Nach wissenschaftlichen Kriterien gilt eine Schmerztherapie schon dann als erfolgreich, wenn sie zu einer Halbierung der ursprünglichen Schmerzintensität führt", erklärte der Schmerzexperte weiter. "Solche Maßstäbe werden den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten aber nicht immer gerecht." Anhand von Studienergebnissen der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie belegte Müller-Schwefe: Bei über 80 Prozent der Patienten reicht eine Schmerzlinderung um die Hälfte nicht aus, um damit eine nennenswerte Verbesserung der Lebensqualität zu erzielen. "Bei einer Schmerztherapie ohne Umwege erhält der Patient deshalb Gelegenheit, die für ihn relevanten Erfolgskriterien selbst zu definieren", so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie. "Dafür markiert er auf einer Schmerzskala zwischen 10 (stärkster Schmerz) und 0 (kein Schmerz) die aktuelle Schmerzintensität und im Vergleich dazu das Maß an Schmerzen, bei dem er ohne Beeinträchtigung wieder all die Dinge tun kann, die für ihn Lebensqualität bedeuten, etwa reisen, Sport treiben, sozial aktiv oder auch wieder berufstätig sein."

Studie belegt: IBZ bringt Vorteile für Patienten
Privat-Dozent Dr. Michael Überall machte deutlich, dass die Kenntnis über das Individuelle Behandlungsziel für Arzt und Patient hilfreich sei, um vorhandene Therapieoptionen besser zu bewerten. Er zeigte dies anhand der Ergebnisse einer Studie mit 443 Patienten mit starken chronischen Rückenschmerzen. Eine Gruppe wurde mit dem starken retardierten Opioid Oxycodon behandelt. Eine andere Gruppe erhielt keine bzw. schwächere Schmerzmittel wie NSAR, schwach wirksame Opioide oder auch andere starke Opioide. 61,2 Prozent der mit Oxycodon behandelten Patienten erreichten ihr Individuelles Behandlungsziel (IBZ). Bei den anderen Therapieoptionen waren es dagegen nur 31,8 Prozent. In Lebensqualität ausgedrückt bedeutete dies: Fast 80 Prozent der Patienten, die ihr IBZ erreichten, verbanden damit eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Sie fühlten sich gar nicht mehr oder nur noch wenig in ihren Tätigkeiten und Bedürfnissen beeinträchtigt. Über 50 Prozent der Patienten erreichten mit dem IBZ darüber hinaus eine vollständige oder starke Verbesserung ihrer Arbeitsfähigkeit.

"Die Ergebnisse machen deutlich, dass bei einer Schmerztherapie, die ohne Umwege zum Individuellen Behandlungsziel und damit zu mehr Lebensqualität führt, die Auswahl eines adäquaten Schmerzmittels erforderlich ist", bilanzierte auch Überall. "Bei starken chronischen Bewegungsschmerzen sind starke Opioide geeignet. Als Retard-Präparate sind sie besser wirksam, sehr gut kontrollierbar und insbesondere in der Langzeitbehandlung auch besser verträglich als Nicht- oder schwache Opioide." Außerdem gäbe es Präparate wie Oxycodon inzwischen auch in niedriger Dosierung. Auf diese Weise können man, wenn schwach wirksame Schmerzmittel wie NSAR nicht mehr ausreichen, direkt in die Therapie mit starken Opioiden einsteigen und auf den oft praktizierten Umweg über schwache Opioide sowie den damit verbundenen Substanzwechsel verzichten, so Überall.

Initiative Schmerz messen startet neue Kampagne
Dass mit der Ausrichtung der Schmerztherapie auf individuelle Behandlungsziele ein hohes Maß an Aufklärungsarbeit gegenüber Patienten und Ärzten verbunden ist, erklärte Harry Kletzko, Vizepräsident der Deutschen Schmerzliga. Warum die Therapie auf individuelle Behandlungsziele ausrichten? Wie kann der Schmerzpatient seinen Arzt unterstützen? Wie funktioniert IBZ in der Praxis? Welche Hilfsmittel werden benötigt? Wie kann der Dialog zwischen Arzt und Patient verbessert werden? "All diese Fragen müssen angesichts der neuen Rollenverteilung beantwortet werden", so Kletzko. Aus diesem Grund habe die Deutsche Schmerzliga im Rahmen ihrer Initiative Schmerz messen die Kampagne "Schmerztherapie ohne Umwege" gestartet.

Innerhalb regionaler Patienten- und Ärzteveranstaltungen sowie Telefonaktionen mit Schmerzexperten werden diese Fragen diskutiert und beantwortet. "Wir wollen darüber aufklären, dass durch eine partnerschaftliche Schmerztherapie eine dem Individuellen Behandlungsziel entsprechende Schmerzreduktion möglich ist. Es geht darum, durch eine verbesserte Kommunikation zwischen Arzt und Patient Umwege in der Behandlung zu vermeiden: Der Patient kann so seine Schmerzen klar darstellen. Sein behandelnder Arzt versteht ihn besser. Dies eröffnet die Möglichkeit, gemeinsam so schnell wie möglich zu Behandlungsergebnissen zu kommen, die dem Patienten wieder ein normales Leben ermöglichen - egal, ob er an akuten Schmerzen, zum Beispiel nach einer Verletzung, oder an einem chronisch gewordenen Schmerz, wie zum Beispiel an chronischen Rückenschmerzen leidet. In bundesweiten Einzelaktionen zeigen wir, wie die Partnerschaft methodisch mit Schmerzskala und Tagebuch gepflegt wird", erklärte Kletzko die Inhalte der Kampagne. "Auf diese Weise sollen Schmerzpatienten motiviert und befähigt werden, innerhalb der Behandlung eine aktivere Rolle einzunehmen." Mehr Informationen gibt es für Patienten in einer neuen Broschüre sowie auf der Homepage der Initiative, www.schmerzmessen.de.

Langfassung (133 Zeilen à 50 Anschläge)
Abdruck honorarfrei / Beleg erbeten
Quellen:
Pressegespräch "Initiative Schmerz messen entwickelt Individuelles Behandlungsziel / Neue Kampagne: Arzt macht mobil - Schmerztherapie ohne Umwege", 27. September 2005, Hamburg, 28. September 2005, München.
Veranstaltet von Initiative Schmerz messen: Deutscher Schmerzliga e.V. und Deutscher Gesellschaft für Schmerztherapie e.V., beide Oberursel, unterstützt von Mundipharma, Limburg.

Studie: Individuelle vs. Standardisierte Therapieziele bei der Behandlung von Schmerzpatienten? Ergebnisse einer prospektiven Befragung von 5.169 Patienten mit chronischen Schmerzen, Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP), Nürnberg, Studienleiter PD Dr. Michael Überall, Nürnberg, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Göppingen.

Studie: Opti-B-Ox, Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP), Nürnberg, Studienleiter PD Dr. Michael Überall, Nürnberg, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Göppingen.

Referenten:
Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Göppingen; PD Dr. med. Michael A. Überall, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Nürnberg; Harry Kletzko, Vizepräsident der Deutschen Schmerzliga e.V., Oberursel.

Herausgeber:
Initiative Schmerz messen
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